Lernt man besser in der Bewegung?

In diesem Blogreihe werden ich wesentliche Erkenntnisse der Neurobiologie und der Neuropsychologie herauszuarbeiten, die für Lernen und Lehren relevant sind. 

Teil 3: Lernen, Bewegung und Aktivierung

Michael Slepian von der Tufts University in Medford und Nalini Ambandy von der Stanford University haben 2012 eine spannende Untersuchungsreihe begonnen. Probanden, in zwei Gruppen eingeteilt, mussten zeichnen. Die eine Gruppe zeichnete eckige Formen und die andere Gruppe zeichnete runde Figuren. Beim anschließenden Kreativitätstest stellte sich heraus, dass die Gruppe mit den runden Zeichnungen deutlich kreativer war. [1]

Welcher Teil im Gehirn ist bei Bewegung aktiv?

Wie wirken sich Sinneserfahrungen in unserem Gehirn aus? Wenn wir uns erinnern, nachdenken oder rechnen, sind unter Anderem die gleichen Hirnareale aktiv wie beim Steuern von Bewegungen oder beim Wahrnehmen von Farben und Formen. Wenn wir zum Beispiel einen Hammer betrachten, reagiert unser Gehirn nicht in einer logischen Abfolge. Viel mehr werden im prämotorischen Kortex Signale gleichzeitig verarbeitet. Wahrnehmen, Denken und Handeln können im Gehirn nicht klar voneinander abgegrenzt werden. Das Gehirn agiert nicht aufbauend sondern parallel: „Das ist ein Hammer (= wahrnehmen). Ich könnte damit den Nagel in die Wand schlagen um das Bild aufzuhängen (= denken). Ich tue es (= handeln).“[2]

Diese Art zu denken funktioniert auch mit abstrakten Dingen. In einer Untersuchung an der Erasmus Universität Rotterdam unter der Leitung von Daniel Casasanto und Katinka Dijkstra im Jahr 2010 mussten Probanden Murmeln sortieren und gleichzeitig 

Geschichten aus ihrem Leben erzählen. Eine Gruppe sortierte die Murmeln von einem höheren Fach in ein niedriger gelegenes Fach und die andere Gruppe machte es genau umgekehrt. Die Gruppe mit der Aufwärtsbewegung hatte durchwegs sonnigere Geschichten zu erzählen, wohingegen die Gruppe mit der Abwärtsbewegung eher negative Geschichten erzählte. 

Lernen in Bewegung

Wir nützen den Raum als Gerüst für unser abstraktes Denken. So verbinden viele Menschen das Glück mit oben und die Trauer mit unten. Die Vergangenheit liegt hinter uns und die Zukunft noch vor uns. Bei Zahlen werden kleine Zahlen mit links assoziiert, während große Zahlen mit rechts verknüpft werden.[3]

Lernen Kinder besser rechnen beim Rumhüpfen?

Wenn Kinder zählen lernen, benutzen sie als Rechenmaschine ihre Hände. Laut Studie können Kinder die ein gutes Körpergefühl haben nach einem Jahr besser rechnen als die Gleichaltrigen, die das nicht haben. Wie kann man dieses Wissen über Bewegung nutzen, um das Lernen zu unterstützen? Bei dem Projekt „Mathe mit Matte“, geleitet von Ulrike Cress, übten Kinder spielerisch das Zahlensystem mit einer Tanzmatte. Wenn die Zahlen (von 0-100) größer oder kleiner wurden, mussten die Schülerinnen ihre Position verändern. Von der Tanzmatte ging ein Druck aus wenn die Aufgabe richtig gelöst wurde, also wenn die Kinder auf der richtigen Position standen. Hingegen wurde bei der falschen Position kein Druck ausgelöst. So hatten die Kinder eine rasche Rückmeldung, ob ihr Ansatz richtig war. So bekamen sie ein besseres Gefühl für den Wert der Zahlen und hatten durch den aktiven körperlichen Einsatz auf der Tanzmatte nach einem Jahr bessere Ergebnisse als Kinder, die ohne aktive Bewegung lernten.[4]

Der Psychologe Siegfried Lehrl arbeitet in einem Schulversuch in Bayern mit ähnlichen Methoden, um die Leistungsfähigkeit von Schülerinnen zu steigern. Er hat festgestellt,  dass das Gehirn in einem aufnahmebereiten Zustand sein muss, um Informationen optimal zu verarbeiten. Sein Programm beinhaltet 5 Schritte zur mentalen Fitness. 2 Punkte davon sind mentales Aktivierungstraining und lernfördernde Bewegungen. 

Eine Aktivierungsübung kann so aussehen, dass Schüler Wörter in die richtige Reihenfolge bringen: die Hauptstadt von LONPE ist ASRWHCUA. Die Übungen sollen ca. 2-3 Minuten dauern und regelmäßig wiederholt werden. Während Schülerinnen von einer Stunde Frontalunterricht oft nur 20 Prozent des Inhalts aufnehmen können, steigerte sich durch Lehrls 5stufiges Programm die geistige Leistungsfähigkeit von mehr als 500 Schülerinnen um bis zu 52 Prozent. Wenn man diesen Nutzen bedenkt, fallen die Übungen zeitlich kaum ins Gewicht.[5]

Fazit für die TrainerInnen

  • Regelmäßig Aktivierungsübungen einbauen
  • Den Teilnehmerinnen das Zusammenspiel von Körper und Geist bewusst machen 
  • Unterlagen für die Teilnehmerinnen nicht vollständig ausfüllen, sondern während dem Training ergänzen lassen
  • Nach theoretischen Inputs Raum für persönliches Begreifen geben

[1]            Weigmann, G&G, NR 1-2/2013, S.26ff.

[2]            Weigmann, G&G, NR 1-2/2013, S.28ff.

[3]            Weigmann, G&G, NR 1-2/2013, S.28ff.

[4]            Weigmann, G&G, NR 1-2/2013, S.30ff.

[5]            Lehrl, G&G, NR. 3/2011, S. 38ff.

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